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MIT Herbstgespräch 2001, mit
Die
Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Aachen-Stadt führte mit den im Bezirk
Aachen zusammen geschlossenen Kreisverbänden unter der Leitung des Vorsitzenden
Aachen-Stadt, Dr. Dr. h.c. Ulrich Daldrup, eine Veranstaltung durch unter dem
Thema „Wohin geht die deutsche Wirtschaft?“.
Dieser
sehr sachlich klingende Titel wird er Qualität der Veranstaltung jedoch nicht
gerecht. Der Gastredner und Chefökonom der Deutschen Bank, Professor Dr.
Norbert Walter, machte seine Rede zu einem weltumspannenden Exkurs, bevor er auf
die speziell deutsche Problematik und ihren Zusammenhang mit der Weltwirtschaft
zu sprechen kam. Bei der Analyse
trennte er zwischen der Zeit vor und nach dem 11. September 2001.
Die Entwicklungsländer Mittel- und Südamerikas, Afrikas und Asiens bezeichnete er als „noch nicht verloren“. Hierfür sei es aber notwendig, diese Länder auf andere wirtschaftliche Bedürfnisse potentieller Abnehmer einzustellen. Deshalb, so Walter, sei es auch notwendig, neben der traditionellen Entwicklungshilfe mehr Wirtschaftsexperten aus den Industrienationen in diesem Bereich einzusetzen bzw. Einheimische auf diesem Gebiet in größerem Umfang zu schulen, als dies gegenwärtig noch der Fall sei. Allerdings hätten diese Länder auch die Aufgabe, ihr staatliches System zu ordnen und Strukturen aufzubauen, die Vertrauen in deren Funktionstüchtigkeit schaffen.
Die
sogenannten Schwellenländer Asiens seien dabei, sich von der tiefen Krise in
den 90er Jahren zu erholen. Die Bruttoinlandsprodukte erreichten teilweise
bereits wieder den Stand vor der Krise. Dies liege in erster Linie an der hohen
Kostendisziplin, die diese Staaten in den letzten Jahren gezeigt hätten.
Ebenfalls positiv bewertete Walter das niedrige Niveau der Lohnnebenkosten.
Problematischer ordnete der Gast die zu der genannten Gruppe gehörenden
Länder Südamerikas ein. Hierzu zählen vor allem Argentinien und Brasilien.
Hierbei sei besonders zu berücksichtigen, dass sich Anleger scheuen, sich in so
risikobehafteten Staaten zu engagieren. Für Argentinien habe sich die prekäre
Lage nahe der Zahlungsunfähigkeit durch die Attentate am 11. September noch
verschärft; doch drohten auch Brasilien Gefahren, deren Folgen noch nicht
abzusehen seien.
Die Volkswirtschaften der Industrienationen sind nach den Worten des Gastredners von den Ereignissen in New York zwar hart betroffen. Die zu lösenden Probleme hätten jedoch zum größten Teil bereits vorher bestanden. Jetzt bestehe allenfalls ein erhöhter Handlungsbedarf. Insbesondere die daniederliegende japanische Wirtschaft hätte längst produktions- als auch finanzpolitisch gegensteuern müssen. Zu lange habe das System aus traditionellen Pfründen Bestand gehabt anstatt durch tiefgreifende Änderungen Besserung zu erreichen. Der Arbeitsmarkt müsse auch für ausländische Arbeitnehmer geöffnet werden. Wenn Japan diesbezüglich nicht den Anschluss an die globalisierten Bedingungen finde, werde dieses Land nie mehr zu seiner einst bewunderten Stärke finden. Im Gegenteil, Japan werde wirtschaftlich krank bleiben.
Bezüglich der
USA lobte Walter die Steuersenkungspolitik der Regierung, um die amerikanische
Wirtschaft vor den Gefahren einer Rezession zu schützen. Die Folgen des 11.
September seien noch nicht absehbar. Fest steht jedoch nach Walters Worten, dass
das Käuferpotential gestärkt werden muss. Damit kam er auch zu einer zentralen
Forderung an die deutsche Regierung: Die nächste Stufe der Steuerreform muss
vorgezogen werden. Die Wachstumsprognose habe bestanden und bestehe auch jetzt
bei nur 0,5% für dieses Jahr
Ferner sei Deutschland hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur seiner Rolle als
Zentrum Europas noch nicht gerecht geworden. Hier besteht nach den Worten
Walters erheblicher Nachholbedarf, damit Deutschland seine darin liegende
Chancen nutzen kann. Walter forderte den Abbau von Subventionen für die
Industrien des 18. und 19. Jahrhunderts. Deutschland sei eine
Dienstleistungsgesellschaft und müsse die Arbeitsbedingungen darauf einstellen.
Als ein Beispiel sei nur die Flexibilisierung der Arbeitszeiten genannt.
Auf Nachfrage
bei der anschließenden Diskussion plädierte er unter dem Stichwort „Neue
soziale Marktwirtschaft“, wie sie von Frau Merkel propagiert wird, für eine
die Institution fördernde Familienpolitik. Als Stütze der Gesellschaft komme
der Familie immer eine zukunftweisende Bedeutung auch in wirtschaftlich
schwierigen Zeiten zu.
Im Anschluss
der Rede von Herrn Prof. Walter
diskutierten unter der souveränen Moderation von Herrn Dr. Daldrup Ray C.
Lawrence (Wirtschaftsberater aus Houston/Texas), Professor Dr. Joop Maks (Dekan
der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Maastricht) und Dr.
Gerhard Teufel (Vorstand der Trienekens AG)
das Thema aus ihrer jeweiligen beruflichen Sicht.
Ray Lawrence
wies auf die Symbolkraft New Yorks auch nochmals deshalb hin, weil ein Großteil
des Bruttosozialprodukts der USA dort
erwirtschaftet werde. Deshalb sei auch die These zutreffend, dass mit dem
Angriff am 11. September die freie und demokratische
Welt insgesamt getroffen worden ist. Um so notwendiger sei die Solidarität
gleichgesinnter Staaten. Das Zusammenstehen der US-amerkanischen Bevölkerung
empfahl er zur Nachahmung für die Solidarität der westlichen Welt. Auch wenn Börsianer
keine emotionalen Menschen seien, hoffe er jedoch, dass der Wunsch nach einer
gemeinsamen Überwindung der Krise auch die Anleger nicht ungerührt lassen
werde.
Prof. Dr. Maks
wies auf die Erfolge des niederländischen Modells der letzten Jahre hin. Die
vermehrte Anzahl von Billigarbeitsplätzen verbunden mit einer flexibleren
Gestaltungsmöglichkeit bei der
inhaltlichen Ausgestaltung von Arbeitsverträgen habe zu einem Rückgang der
Arbeitslosenzahlen in den Niederlanden geführt. Hierzu gehören bessere Möglichkeiten
für Zeitarbeitsverträge, flexiblere Arbeitszeitmodelle und einfachere Kündigungsmöglichkeiten.
Der Schwerpunkt
der Ausführungen von Herrn Dr. Teufel lag im kommunalen Bereich. Wenn sein
Unternehmen jetzt bereits 1/3 der Müllentsorgung der Staat Aachen durchführe,
so sei der gesamte Bereich auch kein Problem mehr. Mit anderen Worten: Dieses
Beispiel diente als Plädoyer für wesentlich mehr Mut bei Privatisierungsüberlegungen
in den Städten und Gemeinden. Bei höherer Menge sei außerdem die
Kalkulationsbasis eine andere, so dass unter Umständen auch billiger angeboten
werden könne.
Nach Beendigung der etwa 2 ½ -stündigen Veranstaltungen waren die Teilnehmer begeistert über die Informationen, die sie erhalten hatten und gingen mit dem Gefühl nach Hause, durch ein hervorragend besetztes Podium „über den Tellerrand“ hinausgeblickt zu haben.
(Wolfgang Königs, 5.10.2001)